Eine Welle des Hasses schwappt derzeit leider durch Deutschland. Viel von diesem Hass ist im Internet zu sehen, aber es wird auch in der ganz realen Welt gehasst. Fast täglich hört man von neuen Verbrechen, die sich gegen Flüchtlinge richten. Lange habe ich überlegt, was man dazu schreiben könnte (Im Fotoblog gab es dazu schon ein Bild, Bilder sind manchmal einfacher als Worte). Ich möchte heute dennoch dazu schreiben, auch wenn es mit Sicherheit kein Meisterstück der Literatur wird.
Vor knapp 14 Tagen sind wir aus dem Urlaub in Tirol zurück nach Winnigstedt gefahren. Und zwar mit der Bahn. Das klappt ganz gut, von Wörgl bis München mit einem Eurocity, und dann mit dem ICE weiter in Richtung Braunschweig. Im manchmal sehr seltsamen Preissystem der Bahn hatten wir das Glück, eine Europa-Spezial-Fahrkarte zu bekommen, mit der war die 1. Klasse fast auf dem gleichen Preisniveau wie eine 2. Klasse-Fahrkarte. Und, ganz ehrlich, bei so einer langen Fahrt, und dann noch mit Gepäck, hat die 1. Klasse schon Vorteile. Und so kamen wir gegen Mittag in München an, der Anschlußzug wurde schon früh gestellt, so das die Fahrgäste in Ruhe einsteigen konnten.
Der Zug fuhr als sog. Flügelzug von München nach Hamburg und Bremen, d.h. der Zug bestand eigentlich aus zwei ICE-Zügen, die in Hannover getrennt werden. Der vordere fuhr nach Hamburg, der hintere dann nach Bremen. Da ein Wechsel von einem Zugteil in den anderen Zugteil nicht möglich ist müssen also alle Fahrgäste, die hinter Hannover aussteigen wollen, aufpassen, das sie im richtigen Zugteil sitzen. Uns konnte es zum Glück egal sein, wir fuhren ja nur bis Göttingen und hatten unsere reservierten Sitzplätze im hinteren Zug, der nach Bremen fuhr.
Etwa 10 Minuten vor der Abfahrt setzte sich an junger Mann mit schwarzer Hautfarbe und sehr wenig Gepäck auf einen der freien Plätze. Als er sah, wie andere Fahrgäste mit den Fahrkarten in der Hand ihre Sitzplätze suchten wurde er ein wenig unsicher, ob er auf dem richtigen Platz saß. In sehr gutem und sehr freundlichem Englisch sprach er mich an, ob ich ihm sagen könnte, wo auf der Fahrkarte die Sitzplatznummer stände. Wir haben uns die Sache angesehen, und es kam heraus, das er ein Flüchting war, der von den Behörden nach Hamburg geschickt wurde. Dazu hatte man ihm eine Fahrkarte (2. Klasse ohne Sitzplatzreservierung), einen Zettel mit der Zugverbindung und eine Wegbeschreibung in die Hand gedrückt und er hat sich mit seinen wenigen Sachen auf die Reise begeben. Ich habe ihm dann erklärt, das er im falschen Zug und in der falschen Wagenklasse war und leider keinen reservierten Platz hat. Er hat sich höflich für diese Hilfe bedankt und ist dann in den richtigen Zugteil nach Hamburg umgestiegen. Alles kein Problem, und ehrlich gesagt, er war nicht der einzige, der an diesem Tag im falschen Zugteil gelandet ist.
Ein asylkritisch-besorgter Wutbürger hätte die Sache natürlich anders gesehen. Er hätte nur den Mann gesehen, der (weil er es nicht besser wusste) in der falschen Wagenklasse gesessen hat. Und auf Facebook (oder Twitter) hätte das ganze dann wohl so ausgesehen:
<Übertreibung>
Asylantenpack fährt 1. Klasse während die deutschen Rentner verhungern müssen
</Übertreibung>
Und natürlich wären auch wieder die Hasskomentare nach netzüblicher Unsitte gekommen. Blanker, nackter und dummer Hass. Ein Hass, der sich auch aus der Angst, das jemand anders etwas mehr bekommen könnte als man selbst, nährt. Nicht wenige von denen, die solche Hassparolen durch die Welt brüllen (oder schlimmeres tun) sind selbst arme Schweine. Die Verlierer einer doch sehr kranken Gesellschaft, die jetzt ihre Wut in Hass umwandeln und an denen, die noch schwächer sind, auslassen.
Viele von diesen Hass-Menschen glauben sicher, das sie mit ihren Untaten etwas verbessern könnten, egal ob nun nur an ihrer persönlichen Situation oder in unsere Gesellschaft. Dies wird nicht geschehen. Hass ist destruktiv. Wer hasst, der zerstört etwas oder jemanden. Mit Hass kann man vielleicht etwas bestehendes vernichten, aber mit Hass kann man nichts neues aufbauen. Und gerade darum muß dieser Hass gestoppt und geächtet werden. Das Zerstörungswerk des Hasses muß beendet werden, bevor die Dinge noch schlimmer werden. Und hierzu muß die friedilche Mehrheit in diesem Land den „Hassern“ sehr deutlich sagen, das sie nur eine Minderheit sind, eine Minderheit, die von der Mehrheit verachtet wird. Denn das sind sie, und nicht etwa die Sprachrohre der schweigenden Mehrheit, für die sie sich selbst so gerne halten.
Bedenklich find eich, das es immer mehr Stimmen gibt, die auf den Hass der Ausländerfeinde mit eigenem Hass, gerne auch gegen die Menschen aus den neuen Bundesländern, reagieren. Leute, auch das ist falsch. Echt jetzt. Und Gewalt ist, wie ich schon einmal geblogt habe, niemals eine Lösung.
So, das musste jetzt einfach mal raus.
Ein kleiner Hinweis noch zu den Kommentaren: Hier wird zensiert moderiert. Ihr könnt Euch daher Beleidigungen, Beschimpfungen, Hasspostings und ähnliche Trollaktionen sparen. Danke.